Neuanfang

Spontane Assoziation zum „Neuanfang“ als Symbol

Der Neuanfang unterscheidet sich vom bloßen Anfang durch ein Anknüpfen an etwas vorheriges. Ein Neuanfang setzt eine Zäsur voraus, einen bewussten Einschnitt zwischen zwei voneinander getrennten Zeitabschnitten. Etwas liegt zurück, wird zurück gelassen und etwas liegt voraus, will angestrebt werden.

Es mag verschiedene Gründe geben, etwas zurückzulassen, sich von etwas zu verabschieden. Etwas hat sich überholt oder überlebt, ist nicht mehr zeitgemäß, entspricht nicht mehr den sich verändernden Ansprüchen. Oder etwas, was bisher ansatzweise verstanden wurde, möchte intensiver erschlossen werden.

Je bewusster die Zäsur erlebt wird, je bewusster die Beweggründe für eine Zäsur wahrgenommen werden, desto bewusster kann der Neuanfang gestaltet werden. Dann kann auch entschieden werden, was zurückgelassen und was mitgenommen wird; was es zu erhalten und was es aufzugeben gilt.

Der Umgang mit der Zäsur, dem Dazwischen von Altem und Neuem, entscheidet mit darüber, ob dem Neuanfang ein Bruch voraus geht oder er in einem Kontinuum der Weiterentwicklung steht. Wenn Altes, Sich-Überholtes nicht fortgeführt werden möchte, bewahrt die bewusst gesetzte Zäsur den Neuanfang vor einer Wiederbelebung dessen, was nicht übernommen werden möchte. 

Bezug zum Meditativen Tanz

Im Meditativen Tanz kann die Pause zwischen einem wiederholten Tanz  als Zäsur erlebt werden. So wie auch die Musik eine Zäsur als Einschnitt bzw. Ruhepunkt kennt. Die Pause zwischen einem wiederholten Tanz hat gestaltenden Charakter und kann sicherlich unterschiedlich wahrgenommen und genutzt werden.

Im weiteren Verlauf möchte ich mein Verständnis der Pause und untrennbar damit verbunden der Wiederholung innerhalb des Meditativen Tanzens darstellen. Für mich hat die Pause zwischen einem wiederholten Tanz eine herausragende Bedeutung der Achtsamkeit und in deren Folge der Bewusstheit. Sie ist die Zeit des Nacherlebens aus dem Tanz. In ihr kann nachwirken, was in der Konzentration auf die Bewegung des Tanzes angeregt wurde. Die den Meditativen Tänzen innewohnenden Wirkkräfte können sich in der Pause entfalten und vom Bewusstsein aufgenommen und reflektiert werden.

Jede Wiederholung stellt einen Neuanfang dar, bei dem die Tanzenden auf das Erleben des zuvor bewegten Tanzes zurückgreifen und im Neuanfang des wiederholten Tanzes Schritt für Schritt fortführen.

Auf der Vorerfahrung des wiederholten Tanzes basierend entfalten sich neue Empfindungs- und Erlebnissphären und verbinden sich mit bewussten Wahrnehmungsimpulsen, die  wiederum Kontakt aufnehmen können zu bisher unbewussten Lebensinhalten. Aus dieser Synthese können erneuernde Wachstums- und Reifungsschritte wahr- und aufgenommen werden.

Die Pause im Meditativen Tanz intensiviert das Zusammenwirken von symbolhaften Bewegungen und deren biografischer wie seelischer Entsprechung bei den Tanzenden.

In der Pause zwischen einem wiederholten Tanz greife ich die Symbolik des Tanzes auf und beziehe sie in meditativ anregenden Impulsen auf jahreszeitliche Bezüge oder auf Entwicklungsschritte der Lebenswege der Tanzenden. Damit jede Wiederholung im Kontinuum eines Prozesses einen Neuanfang darstellt, bedarf es der bewussten Anbindung zum zuvor Erlebten und der Offenheit, dass sich dieses weiterentwickeln und unter Umständen auch transzendieren, dass es über das Persönliche hinaus weisen darf.

In diesem Prozess muss kein Tanzerleben dem vorherigen gleichen. Der Neuanfang  greift auf Altes zurück. Er nimmt vorherige Wahrnehmungen auf und bleibt offen für weiterführende Impulse. Diese können aus der differenzierten körperlichen Wahrnehmung kommen oder aus den in den Tänzen wirkenden unbewussten, symbolhaften Wirkkräften.

Die nachfolgende Pause dient dem Sammeln und Ernten der von außen (Musik und Choreographie) nach innen (Seele, Bewusstsein) wirkenden Kraft des Meditativen Tanzens.

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Günter Hammerstein, Tanz und Meditation, Onstmettinger Weg 7, 70567 Stuttgart, Telefon: 0711 7653729, E-Mail info@guenter-hammerstein.de